Zur Pflicht des Absenders bei fest vereinbartem Ladetermin, das Frachtgut ladebereit zu halten

AG Mannheim, Urteil vom 19. Februar 2015 – 10 C 460/13

Zur Pflicht des Absenders bei fest vereinbartem Ladetermin, das Frachtgut ladebereit zu halten.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 49,98 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.03.2013 sowie weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 39,00 EUR zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin fordert von der Beklagten die Zahlung von Standgeld.

Die Klägerin führte für die Beklagte am 14.02.2013/15. Februar 2 der 3 3013 ein Transport von M. nach M.-H. durch. Der Auftrag kann zunächst telefonisch zu Stande, danach übersandte die Beklagte der Klägerin ihren Transportauftrag (Anl. K1, Bl. 7, 8), den die Klägerin schriftlich bestätigte (Anl. K2, Bl. 9). In den jeweils übersandten AGBs finden sich widersprechende Bedingungen zur Zahlung von Standgeld. Als Ladetermin in M. war der 14.02.2013 von 13:00 Uhr bis 14:00 Uhr angegeben.

Die Klägerin behauptet, bei der (Teil)-Beladung des LKW in M. sei es zu Verzögerungen gekommen, Ihr Lkw sei am 14.02.2013 um 12:56 Uhr an der Ladestelle eingetroffenen (Bl. 3, 40, 41). Gleichwohl sei erst um 14:45 Uhr mit der Beladung begonnen und diese um 15:10 Uhr beendet worden (Bl. 3), ungeachtet einer Beanstandung per Telefax durch die Klägerin (Anl. K3, Bl. 10). Die Beklagte sei deshalb auf Basis der AGB der Klägerin – diese jedenfalls nach den Grundsätzen eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens Vertragsbestandteil geworden (Bl. 5) – verpflichtet das Standgeld gemäß Rechnung Nummer R124964 (Anlage K 5, Bl.12) zu zahlen i.H.v. 42,00 EUR netto, zuzüglich Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 39,00 EUR (Bl. 3, 4) sowie Verzugszinsen (Bl. 5, 6).

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 49,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.03.2013 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 39,00 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte trägt vor, aufgrund der Angaben im Transportauftrag hätte die Klägerin davon ausgehen müssen, dass mit der Beladung des Fahrzeuges erst ab/gegen 14:00 Uhr begonnen werde (Bl. 30, 31). Bezogen auf diesen Zeitpunkt sei der Ladevorgang in angemessener Zeit durchgeführt worden (Bl. 31). Die Standgeldklausel der Klägerin sei nicht wirksam einbezogen, die Standgeldklausel der Beklagten sei wirksam vereinbart, zum anderen habe die Beklagte ihrerseits einen Widerspruch gegen die Geltung der Standgeldklausel der Klägerin erklärt (Bl. 32). Außerdem seien auch auf Basis des klägerischen Vortrages lediglich höchstens 21,00 EUR als Standgeldforderung zuzüglich Umsatzsteuer geschuldet (Bl. 49, 81, 82).

Es wurde Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen A. durch das Amtsgericht P. am 03.12.2014 (Bl. 75-78). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist gemäß § 412 Abs. 3 HGB in Verbindung mit der Standgeldklausel der Klägerin begründet…

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Fahrer der Klägerin kurz vor 12:00 Uhr mittags an der Ladestelle eintraf, sich dort ladebereit meldete, sodann wartete, bis mit der Beladung gegen 14:45 Uhr begonnen und diese um 15:10 Uhr beendet wurde.

Auch vermag die Beklagte nicht mit ihrer Argumentation durchzudringen, dass aufgrund des angegebenen Zeitfensters für die Beladung von 13:00 Uhr bis 14:00 Uhr überhaupt erst der Zeitraum ab 14:00 Uhr als für die Wartezeit relevanter Zeitraum veranschlagt werden könne. Wenn mit dem Frachtführer die Bereitstellung des Beförderungsmittels zur Verladung für eine bestimmte Uhrzeit vereinbart wird, ist dann davon auszugehen, dass das Gut zu diesem Zeitpunkt zur Verladung an die Ladestelle verbracht ist und der Absender sich ladebereit hält (Koller, Transportrecht 8. Auflage § 412 Rn. 46, 51 a). Dies muss dann auch gelten, wenn für die Übernahme des Gutes keine fixe Uhrzeit bestimmt ist, sondern ein Zeitintervall. Aus Sicht des Frachtführers bedeutet dies, dass in derartigen Fällen ab dessen Beginn sich der Absender/die Verladestelle ladebereit hält. Wäre die hiervon abweichende Argumentation der Beklagtenseite zutreffend, wonach aufgrund des angegebenen Zeitfensters der Frachtführer erst ab dem Ende dieses Zeitraums damit rechnen dürfe, dass an der Ladestelle geladen werden könne, hieße dies, dass bei großzügig bemessenen Ladeterminen – solche können mehrere Stunden erreichen oder auch nur den Tag angeben – der Absender erst nach stundenlangem Zuwarten, sogar über den Zeitraum eines ganzen Tages, dann erst ganz am Ende des Zeitfensters mit der Verladung zu beginnen bräuchte. Umgekehrt ist aber auch die Ladestelle auf einen planbaren und geordneten Verlauf angewiesen. Auf Basis der Argumentation der Beklagtenseite könnte jedem Frachtführer nur anzuraten sein, künftig erst unmittelbar vor dem Ende des Zeitfensters zu erscheinen, um denkbare Wartezeiten auszuschließen. Mit einem geordneten Ladebetrieb und Frachtumschlag – auch im Interesse des Absenders/der Ladestelle – wäre dies dann nicht mehr zu vereinbaren.

Aus den Angaben zu dem Entladezeitpunkt folgt lediglich, dass dieser für die Klägerin fix war, hinsichtlich des Zeitfensters und der sich hieraus ergebenden Modalitäten bei dem Beladevorgang ergibt sich hieraus nichts. Anderes folgt auch nicht aus der Angabe im Transportauftrag eines „Ladetermins“ anstelle einer „Ladezeit“. Unabhängig von dem verwendeten Begriff ergibt sich das entsprechende Zeitfenster von 13:00 Uhr bis 14:00 Uhr aus den Eintragungen unter der Rubrik „Ladetermin“.

Die Tatsache, dass es sich bei dem Ladevorgang lediglich um eine Teilbeladung des Lkw zu etwa 1/3 handelte, hat die Klägerseite mit Schriftsatz vom 20.01.2015 (Bl. 84, 85) von Beklagtenseite unwidersprochen (§ 138 ZPO) dargelegt, gestützt durch die Bezugnahme auf die Anlagen K1, K2 und die dortigen Angaben zu dem Ladegut und dem benötigten Frachtraum (Anlagen K 1, 2, Bl. 7-9). Im Übrigen wird dies auch durch die Angaben des Zeugen zu der nur kurzen Dauer des eigentlichen Ladevorgang gestützt.

Für den Fall einer bloßen Teilbeladung steht nach den AGB der Klägerin eine für den Absender kostenfreie Zeit (Wartezeit einschließlich Ladezeit) von 1,5 h zur Verfügung, d.h. vorliegend bis 14:30 Uhr. Diese Klausel ist unbedenklich, da im allgemeinen ein derartiger Zeitraum zur Durchführung eines Verladungsvorganges auch unter Berücksichtigung der Dispositionsmöglichkeiten des Versenders/der Ladestelle ausreichend sein dürfte. Die Höhe von 21,00 EUR je angefangener halber Stunde zuzüglich Umsatzsteuer erachtet das Gericht als ausgesprochen moderat. Von anderen Frachtführern werden durchaus deutlich höhere Sätze berechnet; die Rechtsprechung hält Stundensätze von bis zu 60 EUR noch für angemessen.

Hieraus ergibt sich, dass das von Klägerseite berechnete Standgeld von der Beklagtenseite dem Grund und der Höhe nach geschuldet ist samt der Verpflichtung zum Ersatz des entstandenen Verzugsschadens einschließlich vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gem. §§ 280 Abs. 2, 286, 288, 291, 249 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Zulassung der Berufung erfolgte gemäß § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO.

Dieser Beitrag wurde unter Transportrecht abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.